Manche Getränke gibt es schon sehr lange, doch fristen sie ihr Dasein in dunklen Nischen, die kaum einer auf dem Zettel hat. Und dann plötzlich erleben sie eine Renaissance und sind wieder ausgesprochen trendy. Das war bei Wermut der Fall, bei Gin sowieso und jetzt kommen Cidre und Cider. Bekannt und beliebt sind sie seit jeher in Frankreich, Großbritannien und Skandinavien. Jetzt schwappt dieser Trend auch nach Deutschland und entert die Pub- und Barszene. Allerdings gibt es in Bezug auf den Apfelschaumwein einige Fallstricke, die es selbst Experten schwer machen, sich zurecht zu finden und die Unterschiede zu verdeutlichen.

Die französische Variante

In Frankreich nennt man den Apfelsekt »Cidre«. Dieser stammt meist aus der Bretagne oder der Normandie und wird auch schon mal als Flaschengärung wie ein Champagner hergestellt. Die Regel ist allerdings der »Keeving-Prozess«, ein Verfahren zur Herstellung von natursüßem Apfelmost, wobei die Gärung gestoppt wird und die Restsüße erhalten bleibt. Der Sektkorken kommt allerdings auch hier zum Einsatz. »Bei der Flaschenabfüllung entsteht etwa ein Druck zwischen 1,5 und 3 bar. Da braucht es einen anständigen Verschluss. Dank der sogenannten Sektsteuer ist dieser allerdings im oberen Preissegment angesiedelt. Anders als Cider mit Kronkorkenverschluss«, erklärt Steve O’Connor von Couple of Wines in Muxall/Schleswig-Holstein, der vor Kurzem mit dem »Friesenjung« seinen ersten norddeutschen Cider auf den Markt gebracht hat.

Cidre aus der Bretagne oder der Normandie ist namensrechtlich geschützt, ähnlich wie bei der Herkunftsbezeichnung von Champagner oder Prosecco in Italien. Er hat einen geringeren Alkoholgehalt (2,5 bis 5,5 vol.-%) als die britische Variante und es gibt ihn in brut, doux oder demi sec – also herb, süßlich und halbtrocken. Nun bleibt noch die Frage nach der Qualität. Denn wer jetzt denkt, dass es bei den Zutaten nicht viele Unterschiede geben könne, der irrt. Cidre oder Cider bedeutet übersetzt nichts anderes als Most. Der wird vergoren, es entsteht Alkohol und mit dem Restzucker bekommt der Cidre seine Spritzigkeit. Das wäre der Optimalfall. Allerdings muss ein Apfelschaumwein per Gesetz nicht zu 100 Prozent aus Apfelsaft hergestellt sein. Mit Konzentraten, Wasser oder direkt nach der Fermentierung mit einfachem Apfelsaft zu strecken, ist gängige Praxis. Denn: Auf der Flasche muss lediglich gekennzeichnet werden, ob Sulfite enthalten sind. Wieviel Prozent Most enthalten ist, ist keine Pflichtangabe.

Bis zu einem gewissen Grad ist diese Praxis zwar sinnvoll, weil manche Cidre ansonsten viel zu bitter und ungenießbar wären, doch das können wir anhand der Flasche nicht nachvollziehen. Also gilt wie immer die Devise: Nur der Geschmack ist entscheidend. FINESSE hat für den erfrischenden Sommergenuss sehr schmackhafte und hochwertige Cidre getestet und hier fünf davon zusammengetragen, die es bei Steve O’Connor von Couple of Wines unter info@couple-of-wines.de zu bestellen gibt.

Château de Lézergué Cidre de Bretagne IGP, 750 ml
Das Cidre-Haus Château de Lézergué befindet sich im Herzen des Cornouaille-Cider-Terroirs. Das Familien-Apfelweinhaus wird von drei Brüdern geführt, die sich für ihren Beruf begeistern: Guillaume, Matthieu und Joseph. Die Familie setzt die Tradition des hochwertigen Apfelweins fort und produziert ausschließlich aus den Früchten seiner Apfelplantagen mit traditionellen bitteren, bittersüßen und würzigen Sorten. Dieser Cidre ist wahrlich der Champagner unter den Apfelschaumweinen. Mit sehr eleganten und feinen Apfelaromen, weich und rund, mit zarten Honig-, Karamell- und Hefenoten gibt er einen tollen Aperitif ab. Aber auch für Cocktails und als Begleiter zu pikanten Speisen oder Gerichten mit einer fruchtigen Komponente ist er bestens geeignet. Sehr spannend übrigens auch zu Wildgerichten. 7 Euro, info@couple-of-wines.de

Château de Lézergué Cidre Rosé, 750 ml
Ein herrlicher Gaumenschmeichler, der an einen heißen Sommertag unter dem kühlenden Schutz der Apfelbäume erinnert. Harmonisch und weich am Gaumen, verwöhnt er mit herrlichen, angenehm lieblichen Apfel- und Honignoten, die von einer frischen, angenehmen Perlage perfekt abgerundet werden. Santé! 6,50 Euro, info@couple-of-wines.de

Château de Lézergué Cidre Fermier , 750 ml
Der edle Fermier aus dem Hause Château de Lézergué gefällt gerade auch zu exotischen Gerichten mit leichter Schärfe, die er mit seinen balsamischen, fruchtigen Aromen bravourös unterstützt. Er duftet süß und fruchtig, mit Noten von Aprikosen, floralen Anklängen, frischem Apfel, sowie Honig-, Karamell- und Holznoten, die sich auch am Gaumen wiederfinden. Weich und rund mit sehr angenehmen Tanninen und einem extrem langen Nachhall. 6,50 Euro, info@couple-of-wines.de

Château de Lézergué Jus Pétillant, alkoholfrei, 750 ml
Wer einmal diesen Jus Pétillant gekostet hat, möchte nie wieder Apfelschorle trinken! Die intensive Aromatik von saftigen, süßen Äpfeln gepaart mit der Frische der Kohlensäure, verwöhnt die Geschmacksnerven auf höchstem Niveau. Für alle, die zwar auf Alkohol verzichten, aber dennoch etwas Außergewöhnliches genießen möchten, ist dieser alkoholfreie Cidre ein besonderes Erlebnis. 5,50 Euro, info@couple-of-wines.de

Die britische Variante

In Großbritannien, Schottland und Irland ist die Bezeichnung »Cider« gängig. In den örtlichen Pubs gehört ein Zapfhahn ganz klassisch dem Cider und gilt als frische Alternative zum Craft Beer. Man scheut sich fast, den Cider einen Apfelschaumwein zu nennen, da die Flaschenform von der Optik eher einem Bier gleicht als einem Sekt oder Wein. Mit dem Kronkorken ist das Image dann perfekt. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein Marketinginstrument, sondern um Kalkül. Denn auch in Großbritannien gibt es eine Schaumweinsteuer, die mit zwei Euro pro Liter sehr hoch ist. Deshalb gibt es Cider oft vom Fass oder als Flaschenabfüllung mit Kronkorkenverschluss. Beim britischen Cider liegt der Alkoholgehalt normalerweise zwischen 4 und 8,5 vol.-%. Ein höherer Alkoholgehalt heißt dann auch weniger Restsüße. Grundsätzlich unterscheiden sich die Apfelsekte aber vor allem durch die Auswahl des Grundprodukts. Durch Beigabe von bestimmten Hefen, kann anschließend das Endprodukt gesteuert werden. So ist eine wunderschöne Vielfalt an Aromen entstanden, die sich schlecht dauerhaft greifen und unterteilen lässt.

Manche Pub-Besitzer lassen ihren Cider auch im Fass weitergären und erhalten Tag für Tag ein anderes Produkt, dass die Gäste immer wieder aufs Neue probieren müssen. Das erzeugt Abwechslung, denn das ist neben der Auswahl des Saftes die einzige Stellschraube. Christoph Zalewski von »Cider & More« importiert schon lange eine bunte Mischung an Cider direkt aus Großbritannien, Schottland und Irland. »Für mich ist das ein wundervolles Produkt, auch wenn die Informationen oftmals etwas unübersichtlich sind und es selbst mir manchmal schwer fällt, den Überblick zu behalten. Im Zweifelsfall lasse ich alleine den Geschmack entscheiden – ohne ihn dabei mit Eiswürfeln zu betäuben. Wenn ich auch im Abgang komplexe Aromen herausschmecke, und nicht bloß Wasser, dann weiß ich: Das ist ein guter Cider«, erklärt er. Für qualitativ hochwertigen Cider ist ein erster Maßstab der Craft Cider. Der kommt aus kleinen Betrieben und unterliegt strengeren Regeln, die sich die Produzenten selbst auferlegen, um sich von dem industriell gefertigten Cider unterscheiden. Im Folgenden eine Auswahl, die bis auf den »Friesenjung« und den »Sampford Cider« von Couple of Wines im Shop von www.ciderandmore.de bei Christoph Zalewski erhältlich sind.

Thistly Cross Whisky Cask Cider, 500 ml
Cider aus Schottland – warum eigentlich nicht? Das dachten sich zumindest Farmer Ian Rennie und Cidermaker Peter Stuart, als sie 2008 Thistly Cross Cider ins Leben riefen und sich somit in die Riege erfolgreicher Ciderproduzenten einreihten, die im Vereinigten Königreich seit der Jahrtausendwende von sich Reden machen. Klar, dass hier der Whisky nicht ganz außen vor bleiben darf. Dieser Cider wurde sechs Monate in alten Whisky-Fässern gereift, die diesem gehaltvollen Apfelwein ein dezentes Vanille-Aroma verleihen. Eine besondere Note, die eine ganz neue Geschmacksrichtung eröffnet. Genau das macht Cidre und Cider so spannend. Keiner ist wie der andere. 3,30 Euro, www.ciderandmore.de

Stonewell Medium Dry Irish Craft Cider, 500 ml
Seit 2010 im Geschäft, zeigen die Iren eindrucksvoll, dass Irland in Sachen Cider mehr kann als Magners – und zwar viel mehr. Angelehnt an walisische und bretonische Cidre-Traditionen, überzeugt Stonewell durch seine hochkomplexen Aromen und generiert anspruchsvolle Cider der Spitzenklasse. Dieser ausgezeichnete Cider ähnelt eher einem normannischen Spitzencidre denn einem angelsächsischen, klassischen Cider. 3,30 Euro, www.ciderandmore.de

Gwynt y Ddraig Dabinett Cider, 500 ml
Eigentlich ist Gwynt y Draig bekannt für den leicht rauchigen Abgang in ihren Cidern. Beim Dabinett schlägt Gwynt eine neue Richtung ein. Die Säure ist nur dezent vorhanden und die Tannine, also die bitteren Gerbstoffe, sind nur wenig spürbar. Der Alkoholgehalt von sechs Volumenprozent ist ideal: nicht zu stark, aber stark genug, um den Geschmack des Apfels lang anhaltend entfalten zu können, was für einen fulminanten Abgang sorgt. Abgerundet wird das Geschmackserlebnis durch eine angenehme Süße, die dem Dabinett zu einer gewissen Leichtigkeit verhilft. 3,50 Euro, www.ciderandmore.de

Muxaller Cider, Friesenjung, 330 ml
Eines Abends saß Steve O’Connor von Couple of Wines unter dem alten Boskop-Baum in seinem Garten in Muxall und überlegte, welches nächste Projekt er angehen könnte. Der gebürtige Neuseeländer sah einen Apfel herunterfallen und da war die Idee für einen norddeutschen Cider geboren. Was etwas kitschig klingt, ist tatsächlich genauso passiert und in diesem Jahr wurde sein erster Cider abgefüllt. Er überzeugt mit fein-säuerlichen Noten, die er den lokalen Apfelsorten Boskop, Holsteiner Cox und Holsteiner Zitrusapfel verdankt. Zugleich schwingen eine fein abgestimmte Süße und wohl integrierte Tannine von Weihnachtsapfel und den englischen Sorten Dabinett und Ellis Bitter mit, die dem »Friesenjung« die notwendige Kraft und einen knackigen Körper verleihen. Ab Mitte Juli wird dieser auch in der Brauerei Lille Bräu in Kiel vom Fass erhältlich sein, genauso wie im Biergarten von Czernys Küstenbrauerei in Friedrichsort. 2,90 Euro, info@couple-of-wines.de

Sampford Courtenay Traditional Devon Cider, 750 ml
Der Devon Cider von Sampford Courtenay ist ein mitteltrockener, aber komplexer Cider. Typisch für den weichen, milden Apfelwein, für den Devon zu Recht berühmt ist. Eine sorgfältige Mischung aus natürlicher Süße und trockenen Tanninen der traditionellen Apfelsorten, die auf der Devon-Farm angebaut werden. Im Gegensatz zu Dessertäpfeln können diese aber nicht roh genossen werden. Eine Verkostung in einem Obstgarten ist eine nie vergessene Erfahrung mit Lippenverformung und trockenem Mund. Unter der Obhut eines erfahrenen Apfelweinmachers wird diese Härte jedoch zu Charakter und Tiefe. Ein echtes Erlebnis! 6,90 Euro, info@couple-of-wines.de


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