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Jens Rittmeyer ist seit vier Jahren Chefkoch im Sternerestaurant »No.4« in Buxtehude und ist seiner gemüseorientierten und saucenbasierten Küche immer treu geblieben.

Energiegeladen. Dieses Wort beschreibt Jens Rittmeyer wohl am treffendsten. Küchenchef im Restaurant, zahlreiche Kochkurse, »Farm to table«-Events, Lieferanten und Produzenten aus der Umgebung finden und besuchen gehören zu seinem normalen Tagesablauf. Doch damit nicht genug: Nebenher ist der 45-Jährige auch noch selbstständig mit »Rittmeyers Besondere Raffinessen«. Dort vertreibt er seine hochwertigen Saucen, eine Leidenschaft von ihm. »Ich bin wirklich ein Glückspilz. Dass ich nebenbei selbstständig sein darf, ist großartig und absolut nicht selbstverständlich«, weiß er.

Bevor er nach Buxtehude kam, war er seit 2011 Küchenchef im »Kai3« im »Budersand Hotel Golf & Spa« auf Sylt. Er war dort glücklich, auch wenn seine beiden Söhne in dieser Zeit fast sieben Stunden entfernt lebten. Zum ersten Mal kam er mit dem »Navigare NSB Hotel« in Buxtehude 2013 bei einem Gastspiel in Berührung. »Schon damals fragte mich der Chef, ob ich nicht Lust auf einen neuen Job hätte. Ich verneinte und 2015 fragte er nochmal. Im September 2016 brauchte ich dann doch mal eine Veränderung und gemeinsam mit meiner damaligen Souschefin eroberten wir im Februar 2017 Buxtehude«, sagt er lachend. Der Michelinstern folgte den beiden schon im selben Jahr und viele Stammgästen zogen nach.

Grund dafür ist Jens Rittmeyers klare Liebe zu Saucen und dem Produkt. »Ich stehe nicht so auf die Hochleistungsküche. Für mich muss ein Produkt noch erkennbar sein und wir versuchen, den Geschmack perfekt herauszuarbeiten. Zudem benutzen wir fast keine Kohlenhydrate. Nur vor dem Hauptgang servieren wir einen Klassiker: Eine Scheibe Brot aus Dinkelsauerteig mit Anis von unserem Bäcker Wolfgang Heydrich aus Stade. Dazu gibt es drei verschiedene Saucen zum Dippen. Auf die Idee haben mich Gäste gebracht. Und das fand ich klasse«, sagt er stolz und erinnert sich: »Einige Kollegen sagten damals, dass ich doch keine Scheibe Brot servieren könne. Doch, ich kann«. Wenn man also noch ein weiteres Wort zu Jens Rittmeyer Beschreibung hinzufügen sollte, dann wäre das geradlinig.

Wer kann schon von sich sagen, dass seine in der Küche verwendeten Produkte zu 100 Prozent aus dem Norden und Südskandinavien kommen? Kein Olivenöl, keine Gewürze aus Übersee, keine Zitrone. Die Liste ist lang, aber Jens Rittmeyers Liste ist länger. »Wir haben vor Ort so wahnsinnig großartige Produzenten. Und zwar richtig viele. Mir ist schleierhaft, warum wir das so wenig nutzen und immer in die Ferne schweifen.« Seine Gäste danken es ihm und nehmen jedes Jahr immer wieder gerne an einem besonderen Event teil, dass Jens Rittmeyer mit seinem Team und Kerstin Hintz vom Biohof Ottilie in Mittelnkirchen organisiert: »Farm to table«. Das ist eine Art Pop-up, denn in den heißen Sommermonaten wird es im Kellergewölbe des Restaurants viel zu warm. So entstand die Idee, einfach draußen zu kochen. Etwa 16 bis 18 Gäste nehmen dann an einer langen Tafel Platz und genießen die Gerichte im Freien. Vor dem Hauptgang zeigt Kerstin Hintz dann noch den Garten. »Ein Abend für die Seele«, erklärt Jens Rittmeyer, der aus solchen Abenden selbst sehr viel Kraft schöpft. Und die braucht er auch, denn sein Terminkalender ist stets gut gefüllt. An vier Abenden in der Woche von Mittwoch bis Samstag bekocht er mit drei weiteren Köchen maximal 16 Gäste. Die Zahl vier spielt im »No.4« eine große Rolle, wie Jens Rittmeyer verrät.

Kein Olivenöl, keine Gewürze aus Übersee, keine Zitrone. Wir arbeiten zu 100 Prozent mit Produkten aus dem Norden und Südskandinavien.

JENS RITTMEYER, Küchenchef im „NO.4“ in Buxtehude

Seit Dezember 2018 gibt es im Restaurant kein Menü mehr, denn das kreiert er mit seinem Team jeden Tag neu. »Unsere Gäste wählen entweder sechs oder acht Gänge und freuen sich dann auf ein Überraschungsmenü. Das macht uns unglaublich frei und beweglich in der Küche, was für den einen oder anderen sicher erstmal schwierig war. Doch mittlerweile gehört das nicht nur im Team, sondern auch bei den Gästen fast schon zum guten Ton, jeden Tag etwas Neues erleben und probieren zu können«, verrät der Sternekoch.

Rückblickend gehört wohl noch ein drittes Wort in Jens Rittmeyers Beschreibung: Leidenschaftlich. Denn wenn er etwas macht, dann richtig und ohne Kompromisse. Energiegeladen, geradlinig und leidenschaftlich. So führt der gebürtige Hallenser sein kulinarisches Leben, dem er treu bleibt.

© Fotos: Götz Wrage, Klaus Enwanger